Kein Motzen ohne Loben...


 Als ich heute einen Hund wieder nach Hause gebracht habe, habe ich mich mit dem Frauchen unterhalten. Sie hat mir berichtet, dass ihr Hund (ein sehr netter, freundlicher, kompetenter Rüde) an einer bestimmten Stelle seines Heimweges das Fell aufstellt, die Backen plustert und in Alarmbereitschaft ist.

Folgendes war an dieser Stelle passiert:

An dieser Ecke wohnt ein Hund. Eben dieser Hund findet es richtig doof, dass an seinem Zaun andere Hunde vorbei laufen. Das zeigt er sehr deutlich. Er bellt am Zaun und macht Theater. Das fand mein Boxer unfreundlich...Die Steigerung kam ein anderes Mal als der Hund aus dem Haus, in den Garten, an den Zaun geschossen kam und sein Theater abgespielt hat. Das hat den vorbeigehenden Hund richtig deftig erschrocken. Ein klassischer Schreckreiz.

Das hat ihn so erschrocken, dass er nicht mehr entspannt an dieser Stelle vorbei laufen kann. Jedes Mal rechnet er mit eben diesem Schreckreiz. Und dass er aufgeregt ist und Stress hat kann man an seiner Körpersprache ablesen. Er stellt das Fell auf, er plustert in die Backen, und und und...

Er hat Stress. Ihm geht es da nicht gut!!!

Warum berichte ich euch von diesem Ereignis? Weil das was da zwischen den Hunden passiert ist, ein sehr gutes Beispiel dafür ist, welche Techniken heute noch im Hundetraining genutzt werden.

Strafen - Schrecken - auch bekannt als AVERSIVES Hundetraining. Und oft höre ich, dass es die einzige Art sei, einen Hund wirklich zu erziehen. 

Lassen wir die Aussage mal so stehen....und übertragen es auf eine für uns Menschen bekannte Situation.

Wir gehen jeden Tag zur Arbeit. Täglich müssen wir mit unserer Führungskraft klar kommen. Er/Sie hat das sagen. Es kommt ein Auftrag rein, den es zu erledigen gilt. Es wäre unsere Aufgabe, diesen Auftrag zu bearbeiten. Und nun stell dir vor dein Arbeitsauftrag lautet wie folgt: "Erledige den Auftrag von Firma XY". Nicht mehr und nicht weniger. Dir ist nicht bekannt, was das Ziel ist, dir ist nicht bekannt in welchen Zeitraum du das zu erledigen hast, du kennst das Budget nicht, eigentlich kennst du nur den Auftraggeber (mehr oder weniger). Das wird bestimmt ein geniales Projekt, oder?

...Wohl eher nicht...

Und jetzt spinnen wir mal weiter. Mit den lausigen Infos die du hast, versuchst du irgendwie deine Arbeit zu machen. Und sobald du etwas ausgearbeitet hast, sitzt dir der Chef im Nacken und sagt: "Das ist Mist". 

Du änderst deine Arbeit ab, legst sie wieder vor - selbes Ergebnis. 

Du versuchst wieder zu erahnen, was man von dir möchte - wieder falsch. 

Du doktorst und doktorst und irgendwann hast du Glück und er motzt nicht. Aber ob es das ist, was gewünscht ist, hat man dir nicht gesagt.  - Kein Feedback - 

Ist das nicht unfassbar unfair? Ist das nicht einfach nur gemein? Fühlt sich das nicht einfach nur scheisse an?

Wie groß ist deine Begeisterung für eben diese Führungskraft? Wie gerne wirst du mit ihm arbeiten? Wie groß ist die Chance, dass du ruhig und besonnen bleibst und nicht ausrastest? Würdest du bei einem Wechsel seinerseits mitgehen oder feiern, dass er/sie endlich weg ist? Oder würdest du einfach aufgeben?

Bringen wir das Beispiel mal in die Hundewelt. Stellen wir uns vor, du möchtest, dass dein Hund abrufbar ist. Er darf seine Umwelt erkunden aber wenn du rufst, soll Fifi bei dir sein. Soweit so gut. 

Der Trainingsplan sieht wie folgt aus: sobald der Hund sich entfernt hat, schmeißt du ihm von hinten den Schlüssel zwischen die Pfoten - ein Schreckreiz. Er sieht nicht, dass was kommt. Er merkt es nur. Dann erschrickt er, unterbricht das Laufen und er kommt zurück (alternativ gehen auch Flaschen mit Kiesel gefüllt, Kettenhalsband,etc). 

Du machst das. Es funktioniert. Ab sofort ist das Teil eures Werkzeugkoffers.

Wie aber ist es deinem Hund ergangen? Er wurde los geschickt, ohne klaren Auftrag. Er wusste nicht, dass ansprechbar sein, auf Signal reagieren und zurück kommen, Teil des Auftrages ist. 

Was er erlebt hat war: ich laufe wie immer los und plötzlich passiert was richtig unangenehmes. Das ist so unangenehm, dass Fifi lieber nichts mehr macht und zum Menschen zurück geht. Und wenn das oft genug passiert, bleibt Fifi lieber beim Menschen - weil, sobald man Weg geht wird es gruselig. 

Er hat Stress. Ihm geht es nicht gut!!!

Das ist die Labor Situation. Mögliche Fehlverknüpfungen, Nebenwirkungen sind hier nicht berücksichtigt.  

Ist das nicht unfassbar unfair? Ist das nicht einfach nur gemein? Fühlt sich das nicht einfach nur scheisse an?

Blödes Verhalten bestrafen funktioniert. Ohne Frage...Das haben wir alle auch schon an uns selbst erlebt. Und da Hunde ebenfalls Säugetiere sind, funktioniert es auch bei ihnen. Aber ist das die Art und Weise wie wir gegenüber unserem Hund auftreten möchten? 

Wollen wir diese Art von Hunde-Führungskraft sein?

Bevor unerwünschtes Verhalten kommt, zeigt der Hund viele tolle Sachen. Warum muss ich warten, bis Mist gemacht wird, statt ihm zu vermitteln, dass was er gerade macht, gut ist? Warum helfe ich dem Hund nicht, mehr von dem (aus menschlicher Sicht) erwünschten Verhalten zu zeigen? 

Ist doch auch viel cooler den Fokus auf schöne Dinge zu legen, statt nur darauf zu warten, dass der Hund irgendeinen Mist macht...oder?

Nur wer lobt, hat das Recht auch mal zu motzen. 

Was sind eure Gedanken dazu? Schreibt es mir gerne in die Kommentare. Ich freue mich, von euch zu lesen.

Reicht für heute, oder? Also Pfote drauf und bis zum nächsten Mal.




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